Fachtagung Rasenkraftsport: Geistiger Tiefflug über Frankfurt Süd
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- Geschrieben von Gastautor Torsten Lange
Kolumne
Moment mal
(Neu-Isenburg, 06. November 2016) Gemeinhin gehört neben wechselseitigem Respekt zu einem guten Diskussionsstil, gegenteilige Argumente und Meinungen zu prüfen, anstatt diese vorschnell zu verwerfen. Ein guter Diskutant hört zu, lässt ausreden und ist bereit, auf das vom Gegenüber Gesagte einzugehen und seine eigenen Argumente sachlich, gelassen und höflich darzustellen.
Ganz anders geschehen bei der Fachtagung Rasenkraftsport gestern in Neu-Isenburg, ein südlich von Frankfurt gelegenes Städtchen, dessen lärmgeplagte Bürger unter den Ein- und Abflugschneisen des nahe gelegenen Monster-Airports zu leiden haben. Irgendwie haben die tieffliegenden Linienmaschinen auf diese Zusammenkunft eingewirkt, vor allem bei der Behandlung des vom Landesverband Rheinland-Pfalz (LRP) eingereichten Antrages zum Übergehen von der 10-Jahres- zur 5-Jahres-Wertung (wir berichteten). So wie es bei den Altersklassen in der Leichtathletik praktiziert wird. Der Antrag war rechtzeitig eingegangen und vom Landesvorsitzenden Volker Strub (Mutterstadt) ausführlich begründet, vor allem durch den Verweis auf die biologisch bedingte nachlassende Leistungsfähigkeit der älteren Semester und dem damit zusammenhängenden Aspekt der Vergleichbarkeit von Leistungen.
Slapstick pur als Realsatire
Was nun passierte war Slapstick pur, geistiger Tiefflug knapp über dem Haaransatz: Nachdem der FachausschussVorsitzende Reinhard Weiß-Motz (Waiblingen) die Behandlung des Anliegens aufgerufen hatte, kam er gleich zur Sache. Anstatt die Diskussion zu eröffnen, ergoss er sich über nicht gültige Anträge einiger „Doktoren", über falsche Bezeichnungen von Altersklassen, über einen anderen, zu spät eingegangenen Antrag aus Leichlingen, der mit dem vorliegenden nichts zu tun hatte, und stellte fest, dass es im Rasenkraftsport schon so viele Meistertitel geben würde, die nicht noch weiter aufgestockt werden sollten.
Für den Landesverband LRP hatte ich die äußerst dankbare Aufgabe, vor einer so eingenordeten Versammlung unsere Gründe darzulegen. In einer zunehmend aufgeheizten Atmosphäre fielen nun währenddessen und danach Zwischenrufe und „Gegenargumente" folgender Art: „Das Thema hatten wir ja schon so oft!", „...was irgendwelche Orthopäden so von sich geben...", „Wir haben doch durch die Gewichtsklassen genug Gerechtigkeit!", „Wenn man Spaß an unserem Sport hat, dann ist doch das Alter egal!", und so weiter und so fort.
Ausschuss in anderer Deutung
Solcher Art intellektuell total überfordert, fiel ich auf meinen Stuhl zurück, dachte kurz über die Doppelbedeutung des Wortes „Ausschuss" nach, in der Annahme, ich sei im falschen Film gelandet. Mit Ausnahme von einigen jüngeren Teilnehmern, die am Thema zwar nicht sehr dran waren, aber merkten, was hier ablief, wurde der sachliche Kern der Begründung des Antrages schlichtweg ignoriert. Es kam, wie es kommen musste: Bei etwa 50 Teilnehmern einhellige Ablehnung, lediglich acht Stimmen dafür, dazu eine Enthaltung.
Das ist sportlich hinzunehmen! Allerdings bleibt ein Schatten auf diesem Ergebnis. Denn in gutem demokratischem Stil sollte eine Diskussion immer eine Möglichkeit eröffnen, den Standpunkt anderer kennenzulernen und Dinge aus bisher unbekannter Perspektive zu erblicken. Dazu kam es leider nicht!
Geht ja auch nicht, wenn man nicht nur den Kopf in den Sand steckt, sondern sich zusätzlich noch Sand in die Ohren streuen lässt!