Senior-Vater Philipp Frech schlief fast 97-jährig friedlich für immer ein


(Köln/Krefeld, 10. Februar 2017)
Wenn einer im 97ten Lebensjahr steht, dann hat er ein stolzes Alter erreicht, wächst mit jedem Tag die Wahrscheinlichkeit, dass es sein letzter werden könnte. Und doch habe ich bei unserem in vielerlei Hinsicht rekordverdächtigen Senior-Vater unter lauter Senioren/innen und äußerst erfolgreichen Wurf-Allrounder Philipp Frech (*06.07.1920) vom Pulheimer SC irgendwie damit gerechnet, zumindest darauf gehofft, dass er die Aufnahme in den 100er-Klub der etwa 14.000 Deutschen schafft. Daraus wurde leider nichts. Der waschechte „kölsche Jung“ schlief am vergangenen Montag in einer am Vater Rhein gelegenen Senioren-Residenz in seiner Geburtsstadt nach einem ereignisreichen, erfüllten, prallen und langen Leben friedlich für immer ein. Der Kosmopolit hinterlässt drei Töchter. Dazu viele Sportfreunde auf der ganzen Welt, die das große Glück hatten, diesen außerordentlich liebenswerten Menschen mit großer Herzenswärme näher kennen lernen zu dürfen.

„Soweit die Füße tragen“ ist auch seine Geschichte

Nicht ohne Stolz darf ich konstatieren, dass ich seit der Senioren-Europameisterschaft im Milleniumsjahr 2000 im mittelfinnischen Jyväskylä dazu gehör(t)e, bei der wir im selben Hotel in der Innenstadt unsere Herberge auf Zeit hatten. Unser erstes Gespräch beim und nach dem Frühstück dauerte bis zum Mittagessen. Eigentlich war ich, obschon auch nicht auf den Mund gefallen, mehr der staunende Zuhörer, dem Augen und Ohren offen stehen blieben. Der diplomierte Maschinenbau-Ingenieur war ein charmanter, amüsanter, inhaltsvoll und interessant, fast spannend erzählender Plauderer, dem nie der Stoff ausging. Nach ihm hätte die Geschichte „Soweit die Füße tragen“ geschrieben worden sein können. Aufgrund seines begonnenen Studiums war er im 2.Weltkrieg zunächst Mechaniker des im November 1941 gefallenen Jagdfliegers Ernst Udet. Dessen Tod kostete Philipp die privilegierte Sonderstellung. Irgendwann, als das „Material Mensch“ stetig abnahm, kam er auf dem letzten Drücker noch an die Ostfront und schließlich in russische Gefangenschaft. Daraus floh er zweimal erfolglos. Doch im dritten Versuch klappte es, und der damals 24-jährige schlug sich allein bis in die Domstadt durch, die er schon kurze Zeit nach Kriegsende (08.05.45) im Juni 1945 erreichte. Da sein älterer Bruder als vorgesehener Platzhalter im Krieg fiel, übernahm er neben der Beendigung des Studiums den elterlichen Speditionsbetrieb, war der Überlieferung nach der erste Kölner, der in der zerbombten Rhein-Metropole ein Gewerbe anmeldete. Und das mit einem ausrangierten Militärlaster, vorne bereift, hinten mit Kette, natürlich in dem bei Gründung Ein-Mann-Unternehmen selber auf dem „Bock“ sitzend und fahrend.

Ein Zweitwohnsitz in der Nähe vom  „Kap der guten Hoffnung“

Der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die erst bei 14 Lastzügen mit Fernverkehrskonzessionen und in der Spitze bis zu 30 Arbeitnehmern endete. Das verschaffte ihm großes Ansehen bei seinen Kunden und ihm selber einen ansehnlichen Wohlstand. Erst mit 75 Jahren verabschiedete er sich in der Ruhestand, bei dem er sich außer seinem Haus in Pulheim einen Zweitwohnsitz in Südafrika unmittelbar am Indischen Ozean in der Nähe vom „Kap der guten Hoffnung“ gönnte, dort bis 2014 jeweils den deutschen Winter, auch mit Wettkämpfen für einen südafrikanischen Verein startend, überbrückte, praktisch bis zum seinem folgenschweren Sturz wenige Monate später in seinem deutschen Domizil. Die Auswirkungen: Der inzwischen 94-jährige musste mit seinem über alles geliebten Sport aufhören, wurde jäh aus der großen Gemeinschaft der Werfer-Familie gerissen und musste in die besagte Senioren-Residenz umziehen. Ein paar Lebensgeister auf dem Weg zur Vollendung der Hundert werden dabei vermutlich auch auf der Strecke geblieben sein. Aber er nahm‘s mit dem ihm eigenen Humor, ließ dies noch im Oktober 2016 in einer Grußbotschaft an die Lampis-Leser wissen. „Jetzt muss ich mich zwar altersgemäß mit einem Rollator fortbewegen. Aber die Birne leuchtet noch.“ Und wenn’s denn ein Trost ist: Sein wacher Verstand blieb dem charismatischen Grandseigneur mit beträchtlicher Strahlkraft bis zu seiner letzten Stunde erhalten.
Die Beisetzung von Philipp Frech findet in prominenter Nachbarschaft von Willy Millowitsch auf dem Kölner Melaten-Friedhof statt – im engsten Familienkreise. Das ist zu respektieren, jedoch außerordentlich schade, hätten doch sicherlich viele Sportkameraden, mich eingeschlossen, ihm liebend gerne die Ehre erwiesen und ihn auf seinem ultimativ letzten irdischen Weg begleitet.
Das soll niemanden daran hindern, um ihn zu trauern und ihm ein ehrendes Gedenken zu bewahren. Dies ist keine schmuckvolle Floskel. Er hat es verdient! Viele andere und ich wissen es.