Süddeutsche Zeitung betitelt den DLV als "Der olympische Patient"

Kolumne

Moment mal

(München/Darmstadt/Krefeld, 29. September 2022) Informationen sind eine Bringschuld. Das haben die (un-)verantwortlich handelnden Personen beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) immer noch nicht begriffen. Dessen Vorstandsvorsitzender Cheick-Idriss Gonschinska, von seinem gesamten Habitus, dem arrogant wirkenden Auftreten und seinen pseudowissenschaftlichen öffentlichen Einlassungen oftmals im Denglish-Mischmasch nicht gerade der große Sympathieträger, hatte nach dem Offenbarungseid der aufgeblasenen Nationalmannschaft der Männer/Frauen bei den Weltmeisterschaften vom 15. bis 24.Juli 2022 in Eugene/Oregon (USA) eine „schonungslose Aufarbeitung“ angekündigt. Allem Anschein nach zum Sankt Nimmerleinstag. Denn nach über zwei Monaten ist zumindest in der Außendarstellung absolut nichts bekannt geworden.

Endlich greift eine angesehene Tageszeitung das Thema auf

Frank und frei eingeräumt, habe ich mich schon gehörig gewundert, dass die Sportredaktionen von Print und TV querbeet durch die Republik bislang die Tastaturfinger still und die Münder geschlossen gehalten haben. Doch siehe da: Die angesehene, auflagenstarke, in München erscheinende Süddeutsche Zeitung (SZ) widmet dem DLV in ihrer letzten Wochenend-Ausgabe vom 24./25.September eine ganzseitige Geschichte mit einer üppigen Lesezeit von elf Minuten. Online ist sie leider in Gänze nur für Abonnenten abrufbar. Doch auch das Fragment mit dem Aufmacher-Foto der am Boden liegenden Marathonläuferin Miriam Dattke, der kurz vor dem Ziel die Bronzemedaille entrissen wurde, die Überschrift „Der olympische Patient“ und der fettgedruckte Vorspann „
Gestresste Athleten, frustrierte Trainer, Funktionäre in Abwehrhaltung: Ein Streifzug von der Basis bis zur Verbandsspitze offenbart, wie viel in der deutschen Leichtathletik im Argen liegt“, sagt schon eine ganze Menge über die Zustandsbeschreibung aus.

WM in Eugene bilanziere den Niedergang des deutschen Spitzensports

Ehrensache, dass ich mir den gesamten Beitrag zu Gemüte geführt habe und die LAMPIS-Leser zumindest in Schlaglichtern daran teilnehmen lasse. Zitiert wird zu Beginn des Artikels die Zeitung „Le Temps“ aus der neutralen Schweiz, die zwangsläufig völlig objektiv konstatiert: „Nach der superben Multi-EM in München ist das auf die Leichtathletik bezogen kaum mehr als ein wunderschönes Intermezzo.“ Und weiter: „Das spiegelt sich auch in den Tableaus der großen Leistungsmessen, den Weltmeisterschaften in Eugene wider, die den Niedergang des deutschen Spitzensports bilanziert.“

In der DLV-Geschäftsstelle herrsche „ein Klima der Angst“

Die SZ selber kommt in der Quintessenz zu dem Ergebnis, dass bei einem Streifzug dieser Tage von der Basis bis zur Spitze auf viele Sachverständige getroffen werde, die das ähnlich sehen. Nämlich: Gestresste Athleten, frustrierte Trainer und Funktionäre in Abwehrhaltung. Der im weiteren Verlauf hauptsächlich zu Wort kommende langjährige ehemalige Leitende Bundestrainer und spätere DLV-Sportdirektor Jürgen Mallow (77 Jahre), also ein absoluter Intimkenner dieses in der Führungsetage vollkommen überforderten Dachverbandes, fühle sich nach vielen Athleten-Gesprächen, zwischen 60 und 80 an der Zahl, „wie eine Klagemauer“. Und auch dies: Wenn man von außen in die Darmstädter Geschäftsstelle kommen würde, gingen innen die Türen zu. Es herrsche „ein Klima der Angst“. Das haut rein ins Kontor, dass es nur so scheppert.

Eine nicht überschaubare Organisation, die verschlankt gehöre

Der DLV organisiere sich selber wie eine Behörde. Jedoch leider nicht mit der Qualität einer ordentlichen Verwaltung. Über allem throne Gonschinska. „Diese Organisation ist unüberschaubar, nicht logisch, nicht stringent, sie gehört verschlankt“, so Mallow. „Es müsste ein Außerordentlicher Verbandstag einberufen werden, die Strukturen so zu ordnen, Bürokratie und Hierarchie einzudämmen.“ Und sein feinfühliger Schlusssatz, für den zwischen den Zeilen gelesen werden muss: „Wenn ich nicht die richtigen Leute in den Strukturen habe, komme ich nie zum Erfolg!“
Da tun wir uns mit unmissverständlichem Klartext leichter: Gonschinska und seine „Chefhostess“ Annett Stein, die von empathischer Menschenführung gleichermaßen keinen blassen Schimmer hat, sollten dem leuchtenden Beispiel des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) folgen, der gerade erst über die Deutsche Presse-Agentur (dpa) verkündete, sich zum Jahresende von seinem Leistungssportchef Dirk Schimmelpfennig zu trennen.

Frommer Wunsch, dass Gonschinska und Stein die Konsequenzen ziehen

Das wäre getreu der Erkenntnis, alten, aber stimmigen Binsenweisheit „Der Fisch stinkt zuerst vom Kopf“ konsequent bei einer geplanten und dringend notwendigen Neuorientierung. Aber auch darauf können wir beim DLV bis zum Sankt Nimmerleinstag warten. Wetten, dass…der buchstäbliche Fall im Doppelpack nicht eintritt! Die kleben an ihren Stühlen und betreiben Besitzstandswahrung mit den fett dotierten Verträgen im sechsstelligen Bereich.