Aufwand und Ertrag stehen beim DLV in einem krassen Missverhältnis

Kolumne

Moment mal

(Eugene/Krefeld, 21. Juli 2022)
  Mitleid ist das Schlimmste, was Sportler/innen egal welcher individuellen Güteklasse widerfahren kann. Gewissermaßen die Höchststrafe. Und hier ist das Wort von der oberen nationalen Etage verhätschelter und getätschelter Profis oder Staatsamateure, denen sinnbildlich der Puderzucker in den Allerwertesten geblasen und der Rote Teppich mit einem vorgeschalteten neuntägigen „Pre-Camp“ im Sonnenstaat Kalifornien ausgerollt wird. Und wohlgemerkt: Es geht nicht um irgendwelche surrealen Luftschlösser, die im Wolkenkuckucksheim in Darmstadt von lauter Fantasten gebaut werden. An der Spitze jene inkompetente, vollkommen deplatzierte Chefbundestrainerin Annett Stein mit einem Direktoren-Gehalt von nahe 100.000 Euro pro anno. Vielmehr schlicht um den eigenen Anspruch der darstellenden „Künstler“, sich zum saisonalen Höhepunkt in etwa im Rahmen des zuvor gezeigten Leistungsniveaus zu bewegen. Aber über die „Vorstellungen“ der allermeisten deutschen Leichtathleten kann nur noch der Mantel der Nächstenliebe und des Stillschweigens gedeckt werden. Kurzerhand auf den Punkt gebracht: Schlechterdings blamabel, ein Offenbarungseid. Allerdings bei einem Blick für die blanke Realität irgendwie vorhersehbar, mindestens jedoch zu befürchten.

Kristin Pudenz klebte der Bazillus Versagensangst an den Fingern

Die vergangene Nacht MESZ  war bei den Weltmeisterschaften der Männer/Frauen in Eugene (USA) einmal mehr mit hoher Ausfallquote ein Tal der Tränen aus eingeschränkter DLV-Sicht. Selbst die vermeintlichen Trümpfe stachen nicht in der erhofften Weise. Lediglich eine aus der Diskuswurf-Troika kam durch (siehe Ergebnisliste). Ausgerechnet die bislang personifizierte Zuverlässigkeit Kristin Pudenz mit konstanten Weltklasse-Leistungen am Fließband fing sich im Ruderer-Jargon einen Krebs, klebten ihr sich wie ein Bazillus ausbreitende Versagensängste an den Fingern. Die Olympiazweite war bereits nach dem Vorkampf mit für sie indiskutablen 59,97m als Gesamtelfte zum Zuschauen verdammt. Ein Trost war es da für die 29-jährige Potsdamerin sicherlich nicht, dass sie für Bronze schon ihren Hausrekord von 67,10m hätte um 1,20m übertreffen müssen.
Doch dass sogar noch mehr geht, hat die chinesische Überraschungssiegerin Bin Feng bewiesen, die bei ihren 69,12m fast drei Meter draufpackte und damit in ihrem ersten Versuch gleich mal die Konkurrenz schockte und gehörig unter Druck setzte. Daran arbeiteten sich auch die hoch vorgewetteten Valerie Allmann (USA) mit 68,30m und Sandra Perkovic (Kroatien) mit 68,45m in dem hochklassigen Wettbewerb auf den drei Medaillenrängen vergeblich ab. Immerhin fällt ein bisschen Goldstaub auf Deutschland herab, leistete Trainer Karlheinz Steinmetz, der frühere Coach vom „Herrn der Ringe“ und fünfmaligen Weltmeister Lars Riedel, im Reich der Mitte Aufbauarbeit.

Shanice Craft im Pech, aber auch unter ihren Möglichkeiten

Ausgesprochenes Pech hatte Shanice Craft, die als Neunte mit 62,35m den Endkampf (62,36m) um die Winzigkeit von zwei Zentimetern verpasste. Doch auch sie blieb unter ihren Möglichkeiten (65,10m SBL) und dem souveränen Auftritt in der Qualifikation (64,55m). „Nesthäkchen“ Claudine Vita, die hinter vorgehaltener Hand als die mutmaßliche Wackelkandidatin gehandelt wurde, überraschte und erfreute als Fünfte mit 64,24m (SBL 64,98m). Damit darf sie sich zudem rühmen, die vorerst (?) beste Platzierung aus dem riesengroßen DLV-Aufgebot mit zu vielen Sporttouristen nach Hausmacherart erreicht zu haben.

„Ein deutsches Armutszeugnis“, titelte die Rheinische Post

Noch vor den Resultaten dieser abermals enttäuschenden Nacht durch die längst nicht mehr rosarote deutsche Brille betrachtet rauschte es heute durch den analogen und digitalen Blätterwald. Die angesehene, sonst eher gemäßigt vornehm daherkommende Rheinische Post aus Düsseldorf titelt in ihrem Kommentar „Ein deutsches Armutszeugnis“. Und im Text: „Die Ergebnisse rechtfertigen diesen enormen Aufwand und die hohen Kosten für die 78 Aktiven in Eugene bisher nicht. Die deutsche Leichtathletik gibt ein schwaches Bild ab.“
Stichwort: Wer es gerne noch eine bisschen deftiger mag, der schaue in das Boulevard-Blatt mit den vier großen Lettern.
So viel an die Adresse der ewig Gestrigen, die immer noch nicht den Knall gehört haben.