Trotz sportlicher Katerstimmung überwiegt der positive Gesamteindruck

Mein Tagebuch

(Erkelenz/Taipei/Krefeld, 28. August 2017) Hallo Ihr Lieben,

da bin ich nochmal. Etwas später als bisher. Aber 14 Stunden Flugzeit, Jetlag, Zeit- und Klimaumstellung galt es erst mal zu verarbeiten. Früh am Freitagmorgen bin ich auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam gut gelandet und habe mich zuerst mit einem europäischen Frühstück versorgt. Das Essen in Taiwan war nämlich zumindest für meinen Gaumen schon ziemlich gewöhnungsbedürftig.
Rückblickend betrachtet war es ein toller Aufenthalt in Taipei. Dem hat meine Katerstimmung nach dem Wettkampf auch keinen Abbruch getan. Es war das ganze Drumherum, was für mich so beeindruckend gewesen ist, und ich bin Euch sehr dankbar, dass ihr mich darin unterstützt habt. Es hat mir auch riesigen Spaß gemacht, Euch zu berichten, Mitbringsel zu besorgen und die Videos zu erstellen.
Jetzt mache ich zunächst eine 14-tägige Trainingspause und fange danach mit dem Wintertraining an. Zudem beginnt das neue Semster an der Fontys-Hochschule in Venlo (NL), für die ich auf der Universiade im niederländischen Nationaltrikot gestartet bin.
Ich hoffe, es hat Euch ebenso gefallen, und es würde mich freuen, wenn ihr mein Tun weiterhin im Auge behaltet. Ihr findet mich auf Facebook und Instagram, vielleicht auch bald auf meiner eigenen Internetseite.
Es war eine tolle Zeit mit Euch – UND NOCHMALS DANKE!

Herzliche Grüße (nunmehr aus der Heimat)                           Erkelenz, 27. August 2017

Eure Sina

Aphorismen eines Weltrekordlers im Zehnkampf der Senioren

(Göttingen/Krefeld, 24. August 2017) Stellt euch vor, einer bereitet sich viele Monate systematisch auf das Ereignis des Jahres vor, die Teilnahme am Zehnkampf bei einer Senioren-WM. Davor hattest du lange keine Verletzung und bist in einer Form, die du in den letzten Jahren nicht hattest. Du bist bereit, alles zu geben. Von Beginn an läuft es gut. Im Hürdenlauf rennst du gar einen Weltrekord. Beim Stabhochsprung, der achten Disziplin, verletzt du dich allerdings am Arm und musst deshalb auf weitere Höhen verzichten – 30 Zentimeter höher wären normal gewesen. Dennoch steht am Ende mit 8.726 Punkten ein Resultat, das weltweit bis dahin noch kein Senior in einer Altersklasse erreicht hat – etwa 1.000 Zähler über der durchschnittlichen Punktzahl aller Weltrekorde der Senioren.

Nicht von Abwertung der Leistung informiert worden

Diese Leistung ist nicht irgendwo erzielt worden, sondern bei den Weltmeisterschaften 1999 in Gateshead (Großbritannien) in der M55. Das war zwar vor fast zwei Jahrzehnten. Aber erst beim diesjährigen Zehnkampf-Meeting in Stendal erfuhr ich von der Abwertung auf 8.121 Punkte. Immerhin gut 600 Punkte weniger. Wann die Ab- beziehungsweise. Entwertung erfolgte, entzieht sich meiner Kenntnis. Denn informiert wurde ich nie, von einer Begründung ganz abgesehen. Oder ist das in einer zivilisierten Gesellschaft etwa zu viel verlangt?
Was könnten die Gründe für eine Abwertung gewesen sein? Möglicherweise herrschte Ratlosigkeit bei den Bewertungsexperten ob der hohen Punktzahl. Darf ein Senior so viele Punkte erreichen wie die Zehnkämpfer der absoluten Weltelite in der offenen Klasse bei den professionellen Männern? Um Gottes Willen, wird man gesagt haben, vielleicht macht der beim nächsten Zehnkampf noch mehr Punkte. Die Konsequenz: wir müssen die Faktoren ändern. So könnte die Reaktion der Experten gewesen sein. Im Nachhinein Bewertungsfaktoren verändern? Das geht gar nicht, denn die Leistung wurde zu den damalig gültigen Bedingungen erbracht! Welch ein kurioses Rechtsverständnis in den Verbänden zu herrschen scheint, zeigt sich an diesem Fall. Prägnanter geht´s nicht mehr.

Weltrekord zunächst an- und wieder aberkannt

Während der europäische Senioren-Verband EMA diese Leistung „nur“ abwertete, hat die die globale Dachorganisation WMA sie nach einer Zeit der Anerkennung irgendwann wieder aberkannt. Welches Haar haben sie in der Suppe gefunden? Nun, zum einen war es angeblich die handgestoppte Zeit im 1.500-Meter-Lauf. Dazu sagt jedoch die Regel, dass alle handgestoppten Läufe von 1.000 Meter aufwärts anzuerkennen sind. Um eine mit elektrischer Messung vergleichbaren Zeit zu erhalten, bräuchten im Übrigen lediglich 0,14 Sekunden hinzuaddiert werden – wie das in der Anfangszeit der elektrischen Zeitmessung bei Ausfällen auch geschehen ist. Das andere Haar, das in der Suppe gefunden wurde, ist der im Wettkampf zur Verfügung gestellte Speer. Der soll angeblich 800 Gramm schwer gewesen sein, obwohl die Regel in der M50/55 700 Gramm schwere Speere vorschreibt. Wenn es dann doch so gewesen sein sollte, hätten nicht nur ich, sondern sicher auch meine Konkurrenten vehement protestiert. Das Ganze ist insofern kurios und kaum zu glauben, dass sich durch einfachste physikalische Kenntnisse belegen lässt, dass bei gleichem Krafteinsatz und Abwurfwinkel der leichtere Speer weiter fliegt. Die als Vorteil ausgelegte Nutzung des 800-Gramm-Speers ist in Wahrheit ein klarer Nachteil, mithin Punktverlust (ob das der mathematische Umrechnungsfaktor in Gänze auszugleichen vermag, ist nicht beweisbar; die Redaktion).

Ungeachtet der Tiefschläge macht die Leichtathletik dennoch Spaß

Vielleicht war das der für die Anerkennung des Weltrekords zuständigen Amerikanerin nicht klar. Dazu muss man jedoch nicht in Harvard studiert, sondern nur die Unterstufe eines deutschen Gymnasiums besucht haben. Wen wundert es da, dass ein Amerikaner die Weltrangliste anführt? Auch in der Masters-Leichtathletik der USA scheint der bekannte Slogan zu gelten: America first!
Dass mir die Leichtathletik trotz solcher Tiefschläge dennoch Spaß macht, verstehe ich mitunter selber nicht.

Ein atemberaubender Blick aus fast 500 Metern Höhe auf Taipei

Mein Tagebuch

(Taipei/Krefeld, 23. August 2017) Hallo allerseits,

cool bleiben war die heutige Devise.
Schon früh am Vormittag hatte ich mich mit der deutschen Teamkollegin Sophie Gimmler aus dem saarländischen Rehlingen zum Training verabredet. Zu Beginn hatten wir ausreichend Zeit, unsere Trainingswürfe zu machen, ehe die Top-Athletinnen aus Polen, China und Frankreich dazu kamen.
Zurückgekehrt ins „Olympiadorf“, habe ich mich frisch gemacht, um anschließend mit der Metro zum „Taipei 101", dem höchsten Wolkenkratzer von Taiwan und derzeit siebthöchsten Gebäude der Welt zu fahren.
In Windeseile erreichten wir mit dem Lift die Aussichtsplattform in fast 500 Meter Höhe. Man konnte nahezu die ganze Insel überblicken. So hoch war ich noch nirgendwo. Es war heftig, aber cool!
Danach haben wir uns noch das Basketballspiel Australien gegen Litauen angeschaut und uns zwischendurch noch etwas zu Essen besorgt. Das ist nicht immer so leicht, da man nicht erkennen kann, was sich hinter den chinesischen Schriftzeichen so alles verbirgt. Da hilft auch kein Google-Übersetzer. Bis jetzt ist noch alles gut gegangen….
Letztendlich lag ich dann um 23 Uhr im Bett. Bin schon gespannt, was der morgige Tag so mit sich bringt. Ich werde berichten.

Beste Grüße                                                      Taipei, 22. August 2017

Eure Sina

Glücklicherweise hat sich die Taifunwarnung nicht bestätigt

Mein Tagebuch

(Taipei/Krefeld, 24. August 2017) Hallo zusammen,

heute letzter Vorbereitungscheck.
Nachdem ich gestern mit meiner deutschen Mannschaftskollegin Sophie Gimmler das Abschlusstraining vor dem Qualifikationswettkampf absolviert habe, bin ich heute auf die Suche nach den „Mitbringseln" gegangen, die sich einige meiner Unterstützer des „Crowfinding-Projekts“ gewünscht haben.
Das hat regelrecht Spaß gemacht, das Richtige zu finden. Die Menschen hier sind suuuper nett, und irgendwie ist alles auch sehr europäisch. Vom Essen mal abgesehen. Für nachmittags gab es eine Taifunwarnung, die sich dann doch nicht bestätigt hat. Gottseidank!
Zurück im „Olympiadorf“ musste ich die Andenken erst mal alle durch den Sicherheitscheck bringen. Der Einlass zum Dorf ist hoch gesichert, ähnlich wie am Flughafen. So haben auch nur Berechtigte den Zutritt und man fühlt sich sehr sicher.
Am Abend habe ich gemütlich mit anderen Sportlern auf einem Vorplatz vor dem Olympiadorf gesessen und Erfahrungsaustausch gehalten. Selbst zu dieser Zeit sind es noch um die 30 Grad. Jetzt (23 Uhr) nach meinem obligatorischen Tagebuch-Eintrag verabschiede ich mich zum Matratzenhorchdient, um ausgeruht in den morgigen Wettbewerb (24. August, Ortszeit 12:15 Uhr, die Redaktion) der ersten Qualifikationsgruppe zu gehen. Bis morgen!

Ganz liebe Grüße                                                                                        Taipei, 23. August 2017

Eure Sina

Großes, hochkarätiges Starterfeld mit Besleistungen bis zu 75,29 Meter

Mein Tagebuch

(Taipei/Krefeld, 22. August 2017)
Hallo zusammen,

die Spannung steigt.
Nachdem ich gestern trotz der faszinierenden, überwältigenden Eindrücke von der Eröffnungsfeier gut einschlafen konnte, war ich heute auf die Startliste der im Hammerwurf gemeldeten Teilnehmerinnen gespannt.
Entgegen der vor zwei Jahren nur zwölf Gemeldeten, sind‘s diesmal unglaubliche 22 Werferinnen in zwei Qualifikationsgruppen – und zwar zum Teil hochkarätigen Kalibers. Fünf Mitbewerberinnen sind vergangene Woche bei der Weltmeisterschaft in London gestartet, die sich hier bei der Universiade als Studentinnen angemeldet haben. Sieben der Konkurrentinnen können Bestleistungen jenseits von 70 Meter bis hinauf zu 75,29m vorweisen. Als mit 21 Jahren jüngste des Feldes sind das Weiten, die ich allenfalls in zwei bis drei Jahren erreichen kann.
Aber kein Grund, mich zu verstecken. Die sind alle auch nicht auf die Welt gekommen und konnten 70 Meter werfen. Immerhin habe ich die Qualifikationsnorm von 59 Meter geschafft, sonst wäre ich schließlich nicht hier. Und wenn ich meine Bestleistung von 62,38m übertreffe, kann ich womöglich doch eine gute Platzierung erzielen, wenngleich es normalerweise nicht unter den ersten Zwölf sein dürfte.
Doch wer weiß? Sie müssen alle ihre Leistungen erst einmal abrufen und gültige Würfe fabrizieren! Auf jeden Fall werde ich mein Bestes geben. Nicht nur unter der olympischen Devise „Dabei sein ist alles“. Ich freue mich darauf.
So, jetzt bereite ich mich auf die nächste Trainingseinheit vor.

Bis morgen                                                                                                                  Taipei, 21. August 2017

Eure Sina